ARAT

ALESCHABIRKENHOLZ

BY

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BLICK

AUS

DEM

FENSTER

DES

ANDEREN

2014

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DER

Absolut nichts                           Neues, aber manchmal ist es eben so, dass einem das,                             was man schon hundert Mal gesehen hat, zu einem viel                            späteren Zeitpunkt auffällt. Beim Vergrößern der                           ersten Negative aus der Serie DER BLICK AUS DEM                            FENSTER DES ANDEREN hatte ich einige Probleme, den                            Schmutz auf dem Filmmaterial von dem Schmutz auf der                               Fensterscheibe zu unterscheiden. Diese profane                            Feststellung brachte mich auf den Gedanken, in                             der Form einen Inhalt zu sehen.


Die Fotografie                           gleicht einem Fenster, durch das man die Welt sieht. Der Schmutz auf dem Fenster gibt das Fenster zu erkennen und nicht die Welt. Der Schmutz auf dem Filmmaterial gibt den Film zu erkennen und nicht                           die Welt. Denn der Schmutz, der nicht zum Abge-bil-                            deten gehört, sagt aus, dass sich das Abgebil-dete                            auf dem Film-                          material befin-                          det. Es ist der                              Schmutz,

der so-                               wohl das Film-                          material wie                             auch das Fen-                          ster sicht-                          bar macht.


Kommt                           der Schmutz                            des Film-                           materials und                           der Schmutz der                            Fensterscheibe                           in der Fotografie zusammen, fällt es schwer, das eine                             vom anderen zu unterscheiden. Der Bildträger ver-                          schmilzt mit Teilen des Abgebildeten. Die Verschmelzung bewirkt ein Zusammenfließen von Realitäten: Die Realität des Filmmaterials amalgamiert zusehend mit der Realität der abgebildeten Fensterscheibe. Die Verschmelzung, die bei einer normalen Fotografie nicht wahrge-                             nommen wird, da man entweder die Fotografie oder das                           Abgebildete betrachtet, aber selten beides                             gleichzeitig, wird nun aufgrund des Schmutzes sicht-                          bar. Das Drinnen und das Draußen werden durch den Schmutz                              miteinander verbunden. Das Drinnen und das                           Draußen fügen sich               

                         zusammen                           und gleichzeitig

                         verweist                           der Schmutz auf die

                         Grenzen.


                         Die for-                          male Verschmelzung

                         der Film- und der Bildebenen wirft für mich eine

                         inhaltliche Frage auf: Was ist Drinnen und was ist

                         Draußen, wenn sich der Blick von drinnen nach draußen

                         umkehrt, wenn statt                              dem

                         Bildgegenstand (das                                     fotografisches

                                   Motiv) die Bild-                           oberfläche (der fotografischer Abzug) betrachtet wird?                            Angenommen dass das, was man sieht, das gleiche ist,                            wie die Form des Sehens an sich (Inhalt und Form                             wären identisch),                          so wäre                           der Blick auf die                            Fotografie                                   identisch mit dem                            Blick auf                              das Motiv, wäre der                           Blick                      nach Draußen                           gleichbedeutend mit dem Blick auf die Welt. Da der                             Mensch ein Teil der Welt ist, ist sein Blick auf die                            Welt gleichzeitig ein Blick innerhalb der Welt. Nimmt                                 man weiterhin an, dass jede Form des Sehens eine Ver-                          äußerung des Gesehe-

nen dar-                           stellt (das, was ich

sehe, bin nicht ich, und was ich nicht bin, muss außer-

halb meiner Selbst sein), dann könnte man zu dem Umkehr-

schluss kommen, dass der Blick des Menschen auf die Welt

einem Blick aus der                           Welt her-

aus gleicht. Der Blick                                auf die

Welt ist ein Blick                            innerhalb

der Welt und folglich                             ein Blick

aus der Welt heraus.                          Die Welt

ist für den Menschen                          das, was er in ihr sieht. Das Drinnen und das Draus-                             sen sind das Gleiche.


Wir betrachten unsere                            äußere                  Erscheinung als ein-                          en Teil                        unserer Individualität, aber unsere Sicht auf die Welt

gehört in gleicher Weise dazu (jeder sieht die Welt

mit                         eigenen Augen). Das, was

ich                         sehe, ist ein Teil von mir.

Wenn                               mir jemand also zeigt,

was                        ich sehe, gleicht das ei-

nem                        Portrait von mir, denn

ich                        sehe mich in der Art und

Wei-                          se, wie ich sehe. Jeman-

des                          Sicht auf die Welt zu fotografieren, bedeutet, ein Por-                          trait von ihm zu machen. Wie das Portrait der Summe al-                          ler möglichen Gesten gleicht, so gleicht der Blick aus                          dem Fenster der Summe aller möglichen Sehweisen. Der Blick nach draußen ist zugleich ein Blick nach innen. Das Innen zeigt sich im Außen. Ändert                          sich das Innen, ändert sich das Außen und wie sich das                          Außen                         ändert, ändert sich das                           Innen.                               Die Grenzen sind flies-                              send,                           es ist der Schmutz, der                  sie

bestimmt.